Wenn wir Menschen mit unserem Herzen sehen, fühlen wir uns selbst auch gesehen. Das kann sehr heilsam sein und die Verbindung die so entsteht ist eine Verbindung von Seele zu Seele. Ich glaube, das ist die schönste Verbindung zwischen Menschen, die entstehen kann.

Ich habe alles, um mich wohlzufühlen

Es regnet. Trotzdem hat sich meine Hündin bereit erklärt, ihr Geschäftchen draußen im Garten zu verrichten – so gut es ging unter dem überstehenden Dach des Hauses. Danach bekam sie ihr Futter und jetzt ist die Welt für uns beide in Ordnung, denn auch ich habe eine Tasse dampfenden Chai vor mir stehen.

Ja, ich liebe meinen süßen Chai und das Schreiben oder einfach das beschützte Sein in meiner Wohnung. Wenn die Sonne scheint, genieße ich die Möglichkeit, auf der Terrasse zu sitzen. Es geht mir gut. Es fehlt mir an nichts. Ich bin auch dankbar für die zwischenmenschlichen Kontakte, die ich immer wieder herstellen kann. Manchmal kommen sie vollkommen unerwartet.

Der Kontakt mit Menschen bereitet mir Freude

Gestern war ich nicht die Einzige, die im noch kühlen See badete. Zuerst kam ein älterer Herr dazu und dann eine Radfahrerin, in der ich bald meine Bekanntschaft vom Herbst wieder erkannte. Welche Freude! Ich bin nicht allein und das weiß ich schon lange. Es gibt andere Menschen um mich herum und manchmal sogar welche, die meine Vorlieben teilen.

Noch vor der Fahrt zum See kam meine Nachbarin herüber, weil ihr Hund zu uns gelaufen war. Auch darüber freute ich mich, ergab sich doch die Gelegenheit, ein paar freundliche Worte zu wechseln und einige Ratschläge von ihr zu bekommen. Ich freue mich immer wieder über diese Gelegenheiten. Die meisten Menschen – und auch die Nachbarn – arbeiten unter der Woche. Aber am Wochenende entdecke ich sie manchmal und dann gibt sich meistens die Gelegenheit zu einem Gespräch. Nachbarn sind wichtig!

Es gibt immer eine Gelegenheit für Begegnungen

Ich fühle auch, dass es für mich wichtig ist, mit anderen Menschen zu sprechen, neben meinem Vater und seiner dementen Lebensgefährtin. Diese „Konversation“ ist doch sehr reduziert. Auch mit meiner Hündin spreche ich. Allerdings kann hier von keinem Gespräch gesprochen werden. Es ist eher ein Austausch über unsere Herzen. Auch das ist unendlich wertvoll.

Da ich beinahe jeden Tag zum Schwimmen oder Einkaufen fahre, treffe ich dabei auch Menschen. Ich freue mich darüber und sehe sie mir an, bemerke, was sie tun und manchmal auch, wie sie sich fühlen. Ein Lächeln bei so einer Begegnung ist die logische Folge davon. Auch meine eigenen Gefühle, die ich in diesem Moment durchlebe, spielen dabei eine Rolle, so dass das Lächeln manchmal überschwänglich und freudig ausfällt und manchmal eher zart und einfühlsam.

Ganz bewusst spreche ich auch Menschen an, die mir begegnen und bei denen ich fühle, dass Zeit für einen Gruß und ein paar Worte ist. Eine Gelegenheit findet sich immer. Ich tue es bewusst, weil ich weiß, dass es für mich wichtig ist, jeden Tag mit jemandem ein paar Worte zu wechseln, die über das alltägliche „Grüß Gott“ hinausgehen. Ob das Gespräch dann etwas länger wird, oder nur ein paar freundliche Worte im Gehen gewechselt werden, hängt von den Menschen ab, die mir begegnen.

Andere Menschen bewusst sehen und wahrnehmen

Einem Angler am See werfe ich oftmals nach dem normalen Gruß die Worte zu: „Petri Heil!“ und er antwortet stets mit „Petri Dank!“. Und schon hat eine Kommunikation zwischen uns stattgefunden. Es fühlt sich für mich ganz anders an, als wenn ich, nur einen Gruß murmelnd, an ihm vorbei gehe. Ich drücke damit aus, dass ich sehe, was er tut und ihm Freude bei dieser Tätigkeit wünsche. Das Ergebnis in mir selbst ist ein vollkommen anderes.

Gesehen werden – das ist ein Thema in meinem Leben. „Gesehen werden“ kann man nicht einfordern. Nicht von einem Partner und nicht von seiner Familie. Von niemandem, auch wenn man den Kindern beibringt, dass man grüßt, wenn man jemandem begegnet. Diese stereotype Tätigkeit ist noch lange nicht der Ausdruck dafür, dass ich meinen Mitmenschen wirklich gesehen habe und wertschätze.

Gesehen Werden drückt Wertschätzung aus

„Gesehen Werden“ kann ich also nicht einfordern, so sehr ich mich auch danach sehne. Aber ich kann es geben. Ich kann andere Menschen auf meinem Weg wissen lassen, dass ich sie sehe und ihre Gegenwart wertschätze. Denn das ist es, was wirklich bei jeder Begegnung geschieht. Ich freue mich, andere Menschen zu treffen. Wie verlassen würde ich mich fühlen, wenn ich tagelang niemandem begegnete!

Ich freue mich von ganzen Herzen über jeden Menschen, der mir am Wanderweg um den See begegnet, oder beim Laufen in der Früh mit meiner Hündin. Nicht immer besteht die Gelegenheit zu einem Gespräch, aber immer kann ich mein Gegenüber anlächeln, manchmal sogar kurz mit ihm oder ihr lachen, weil etwas Lustiges stattfindet (zum Beispiel, wenn ich im kalten Winter barfuß laufe und das den Menschen lustig vorkommt, haha).

Humor, Mitgefühl und Einfühlungsvermögen

Wenn ich lache, ist die hergestellte Verbindung zu dem Menschen, den ich vorher noch nie gesehen habe, noch einmal stärker und oft kommt es vor, dass er oder sie sich sofort getraut, mich auf das, was mein Lachen hervorgerufen hat, anzusprechen. Dann habe ich plötzlich die Gelegenheit, ein kurzes Gespräch zu führen. Plötzlich ist es reziprok: Ich sehe dich und du siehst mich. Ich nehme dich als einzigartigen Menschen wahr und du mich auch.

Schon eine solche Begegnung verändert mein Gefühl, wenn ich wieder zu Hause bin. Dann kann ich mich gar nicht einsam fühlen. Wie sehr verändert sich aber dieses Gefühl erst, wenn ich mit mehreren Menschen spreche, ihnen zulächle und mit ihnen lache! Ein wenig Humor, Mitgefühl und Einfühlungsvermögen für die Menschen, die mir am Weg begegnen, kann mein Leben total verändern. Ja, ich habe auch Verständnis und Mitgefühl für die Menschen, die so traurig sind, dass sie sich auf keine mitmenschliche Begegnung einlassen wollen oder die mich sogar beschimpfen.

Menschen wirklich sehen, heisst auch Negatives zu akzeptieren

Aber wie selten kommt das vor! Ich glaube, das letzte Mal ist es in Wien passiert. In einer Großstadt ist so etwas leichter möglich, oder in der Anonymität des Internets. Auch da wurde ich schon beschimpft und beleidigt. Wenn das passiert, nehme ich zuerst einmal die Gefühle wahr, die in mir durch die dumme Bemerkung ausgelöst wurden (der letzte Kommentar, an den ich mich erinnere war: „Selten so einen dummen Kommentar gelesen“) und erkenne, dass es sich um mein Thema handelt. Dann freue ich mich, dass es schon längst nicht mehr so weh tut, wie es vielleicht vor Jahren noch der Fall gewesen wäre und gehe zur Tagesordnung über.

Die positiven Reaktionen von den Menschen, mit denen ich Kontakt aufnehme, überwiegen und sind so viel wertvoller! Für mich sind diese (meist kurzen) Kontakte sehr, sehr wichtig. Wir alle leben umgeben von Menschen. Es gibt keine Einsamkeit, wenn wir diese Menschen sehen, wertschätzen und uns mit einem Lächeln, ein paar Worten und vielleicht einem Lachen mit ihnen immer wieder verbinden.

Menschen sehen und wertschätzen

Ich verschenke mein Lächeln gern, weil es mir selbst gut tut. Nur weil ich selbst erlebt habe, wie es sich anfühlt, wenn man nicht von anderen wahrgenommen wird, kann ich heute die Menschen um mich herum fühlen lassen, dass ich sie sehe und wertschätze. Ich nehme sie wahr in ihrer Einzigartigkeit, mitsamt ihren Gefühlen, Problemen und Freuden. Ich erkenne ihren individuellen Wert und den Wert, den es für mich hat, mit ihnen Kontakt aufnehmen zu dürfen.

Meine Mitmenschen sind mir heute wichtig. Als Kind und in meiner Jugend schätzte ich Menschen nicht so sehr. Ich liebte Tiere und die Natur, von der ich meinte, sie vor den bösen Menschen in Schutz nehmen zu müssen. Heute kann ich das differenzierter sehen. Menschen sind auch Teil des Universums und sie haben mir ganz viel mitzuteilen. Von Menschen kann ich eine ganze Menge lernen und erfahren. Heute meine ich, dass mich erst die Begegnung mit Menschen ganz macht. Ja, ich glaube, diese Begegnungen sind notwendig, damit ich mich wohl fühlen kann.

Alle Menschen sind Teil des Universums

Ich selbst bin auch Mensch und Teil des Universums. Jetzt ist die Zeit gekommen, wo ich keine Angst mehr vor den Lebewesen haben muss, die mir ähnlich sind. Ich bin umgeben von Menschen. Menschen haben diese Erde an den Rand des Abgrunds gebracht. Aber das kann ich nicht wirklich beeinflussen. Jeder Einzelne von uns will in Wahrheit nichts Böses. Trotz Verbrechen und Zerstörungen auf der Erde, lebt in jedem Menschen die Liebe. Sie ist immer da. Ohne Wenn und Aber. Wir können sie bemerken, wenn wir die Menschen bewusst sehen.

Wenn ich andere Menschen wirklich wahrnehme und sie somit fühlen lasse, dass sie wertvoll sind und wichtig, dann lasse ich zu, dass sich unsere beiden liebevollen Seelen miteinander verbinden. Das können wir beide als „angenehmes Gefühl“ wahrnehmen. Mehr gibt es nicht zu tun. Alles andere geschieht von selbst.

 

 

Das könnte dich auch interessieren: Allein oder gemeinsam mit anderen?

Facebook