Meine eigene Wahrheit zu erkennen und zu leben ist die große Herausforderung im Leben. Besonders im sozialen Verband kann es leicht passieren, dass man abgelenkt wird, sich selbst und seinen Wahrnehmungen, Erfahrungen nicht mehr traut. Man orientiert sich dann nach außen. Im Außen scheint die Wahrheit zu liegen. Und darin, was andere Menschen vorleben, tun und sagen.

Ich denke über Freundschaft nach. Oft denke ich darüber nach. Ob wir in Freundschaft oder Partnerschaft mit anderen verbunden sind, so lieben wir doch immer nur fehlerhafte Menschen (denn das sind wir Menschen nun einmal). Manche sind weiter fortgeschritten in ihrer Entwicklung und andere weniger. Sich nur mit Menschen zu umgeben, die gleich oder ähnlich fühlen und denken, wie man selbst, kann nicht die Lösung sein.

Wohin mit der eigenen Wahrheit?

Wenn man Bestätigung bei anderen sucht, dann kann das funktionieren, aber meiner Meinung nach bringt das nichts für die persönliche Entwicklung. Es bringt für die Welt aber auch nichts, wenn sich Menschen abkapseln, die anders denken. Oder sich in die Einsamkeit zurückziehen. Ja, es ist frustrierend, immer wieder auf Verständnislosigkeit zu stoßen. Es geht auch gar nicht darum, andere Menschen von den eigenen Ideen zu überzeugen. Nicht einmal, wenn man den „Stein der Weisen“ gefunden hätte und eine Lösung für alle Probleme dieser Welt anzubieten hätte, wäre das klug.

Also sich einfach zurückziehen und resignieren? Seit den 70-er Jahren wurde mir bewusst, dass wir so nicht weiter machen können, mit unserer Mutter Erde. Mittlerweile ist alles noch um ein Vielfaches schlimmer geworden. Der Konsum-Gott wird angebetet und niemand stellt in Frage, dass ohne vernünftiges Wirtschaftswachstum die Menschheit nicht überleben könnte. Chaos und Tragödien wären die Folge, wenn die Wirtschaft einmal nicht mehr wachsen oder – Gott behüte – schrumpfen würde.

Meiner Erfahrung Glauben schenken

Ich blicke hinunter zur Drau, an deren Ufer die Bahnstrecke entlang führt. Soeben fährt dort ein Lastzug Richtung Villach, der mit neuen Autos beladen ist. Wie zur Bestätigung meiner Worte, musste ich nur den Kopf drehen und wurde mit der Realität konfrontiert. Ja, es ist wahr, was ich seit Jahrzehnten fühle und denke. Alle Informationen laufen darauf hin und vor allem – noch viel wichtiger – meine Erfahrung.

Ich darf mir selbst Glauben schenken. Das ist viel wichtiger, als mit anderen Menschen zu diskutieren und sie „überzeugen“ zu wollen. Man kann niemanden überzeugen, der Angst hat, dass ihm etwas weggenommen wird und er und seine Kinder verhungern könnten. Ich weiß natürlich, dass man nicht so schnell verhungert. Und dass es viele schöne Dinge gibt, die keine Energie aus der Industrie benötigen. Ich weiß das. Ich habe es erlebt. Ich erlebe es jeden Tag wieder.

Sich selbst ernst nehmen

Anstelle andere davon zu überzeugen, was meine Lebenserfahrung darstellt, will ich mich endlich selbst ernst nehmen. Ich will mir selbst Glauben schenken, meine Erfahrungen im Leben anerkennen und meiner Intuition vertrauen. Ich bin still geworden und widerspreche in Gesprächen nicht mehr, denn ich weiß, dass ich mich und meine Ideen nicht rechtfertigen muss. Bis jetzt hat die Menschheit überlebt und lebt weiterhin gut. Das ist die Erfahrung der anderen Menschen, also denken sie, wie sie denken.

Außerdem werden diese Menschen Tag für Tag einer Gehirnwäsche ausgesetzt. Am Arbeitsplatz, in den Kindergärten und Schulen, durch Werbung an jeder Ecke. Sie verdienen auch so viel, dass sie konsumieren können. Eine Bergwanderung ohne Einkehr in eine der vielen Berghütten ist heute nicht mehr denkbar (früher hatten wir ein Butterbrot und einen Tee im Rucksack). Reisen, Schi-Urlaub und im Sommer Schwimmen im Strandbad, gehören in Kärnten einfach dazu. Jede Woche erscheint eine „Gratis-Zeitung“, in der man lesen kann, was man zu dieser Jahreszeit tun kann (und soll!), was es Neues gibt. Diese Zeitung strotzt nur so von Werbung.

Von Werbung und Information befreien

Ja, das ist Gehirnwäsche. Ich fühle mich, als würde ich unter lauter Menschen wandeln, die wiederholen, was sie in diesen Zeitungen, im TV oder im Internet gehört oder gesehen haben. Konsum ist zum Höchsten aller wichtigen Dinge ernannt worden. Wenn man gegen den Strom schwimmt (wie zum Beispiel durch das Reparieren der kaputten Dinge im Repair-Café), dann ist das immer noch die Ausnahme. Sogar dort habe ich oft die Anweisung an einen Kunden gehört: „Kaufen Sie sich lieber eine neue Maschine, als den Ersatzteil zu besorgen. Der kostet mehr.“

Mein erster Schritt ist es, mir selbst zu vertrauen. Das, was ich fühle und wahrnehme, entspricht der Wahrheit. Meiner inneren Wahrheit, meiner inneren Weisheit. Jede/r kann diese innere Wahrheit fühlen, wenn er sich ein wenig befreit vom Bombardement der Werbung und „Information“. Ich habe es zu einem guten Teil getan. Und jetzt stehe ich da, kann den Irrsinn auf der Welt erkennen und fühle mich machtlos.

Sich selbst wertschätzen

Aber ich lerne, mir selbst, meiner Wahrnehmung und meiner Erfahrung zu vertrauen. Nein, ich muss mich vor niemandem rechtfertigen. Ich muss auch nicht die „Welt retten“ und wüsste gar nicht,wie ich das anfangen sollte. Ich kann mich aber selbst wertschätzen, für den Weg, den ich gegangen bin und die Auswirkungen, die ich in meinem Leben erfahre. Vor allem kann und will ich zu mir selbst stehen – also auch zu meinen Gedanken, Gefühlen und Ideen.

Ich verrate mich nicht mehr selbst. Wenn ich „ja“ sage, meine ich das auch und sonst sage ich eben anderes, wenn ich gefragt werde. Kurz und bündig, ohne weitere Erklärungen, wenn sie niemand wünscht. Natürlich habe ich Verständnis für andere, denn ich sehe ja, welcher Manipulation sie den ganzen Tag lang ausgesetzt sind. Doch ich fühle mich nicht mehr klein und dumm. In mir gibt es eine Wahrheit, für die ich mich nicht mehr schäme.

Was mit dieser Wahrheit im Laufe meines Lebens noch geschehen wird, weiß ich nicht.

 

 

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